Mein erstes Feldbogenturnier

Am 07.05.2017 habe ich mit der Bezirksmeisterschaft in Magstadt mein erstes Feldbogenturnier geschossen. Die Ergebnisse und der Turnierbericht folgen noch in einem separaten Artikel.
Falls Ihr meinen Roman nicht lesen wollt – hier die Kurzfassung: Cool war’s! Es war eine echte Herausforderung aber es hat Spaß gemacht. Ich werd’s wieder tun!

Wie ich dazu gekommen bin? Na, ja – ich war neugierig und wollte meinen „Bogenhorizont“ erweitern. Und Armin (seines Zeichens Deutscher Meister im Feldbogenschiessen) hat erfolgreich die Werbetrommel gerührt. Die Anmeldung war einfach, doch dann kamen die Zweifel: nur noch ein paar Wochen, nagelneue teure Pfeile, andere Pfleilauflage, anderer Button, wenig Zeit zur Vorbereitung und mieses Wetter. Zuerst ging’s an die Grundeinstellung vom Bogen mit dem neuen Material. Das hat zunächst überhaupt nicht funktioniert. Die Pfeile wollten nicht so fliegen, wie ich mir das vorgestellt habe, bis Joni den Fehler gefunden hat. Danke Joni! Dann Visiereinstellungen von 10-60m ausschiessen.
Als nächtes die Suche nach einem „System“ zum Schätzen von unbekannten Entfernungen. Ich hab lange rumprobiert, gerechnet, recherchiert, andere gefragt und schliesslich eines gefunden, mit dem ich klar kam. Und dann ging’s ans Trainieren: verschiedene zufällige Entfernungen schätzen, alle möglichen Schiesspositionen ausprobieren und Armin Löcher in den Bauch fragen wie das alles funktioniert und abläuft. Danke Armin – ohne Dich hätte ich das nicht geschafft!

Dann kam der große Tag – der Wetterbericht war ernüchternd 10-12°C Regen und Wind. Prima, also Ironman-Anzug anlegen und los geht’s. In Magstadt angekommen die erste Premiere: Bogenaufbau aus dem sportlich engen Kofferraum eines 1er BMW’s bei Regen im Matsch. Was mache ich hier?!
Weiter zur Anmeldung – kein Problem, Ausweis checken, Startnummer – es kann losgehen!
Was sofort auffällt: Es herrscht ein lockere, entspannte und freundliche Atmosphäre. Nach einiger Wartezeit geht’s ans Einschiessen: Auf dem Bogenplatz sind alle möglichen Entfernungen und Auflagegrößen platziert und jeder schiesst sich ein. Auch hier: kein Gedränge, kein Stress – alles easy. Neben mir schiesst ein Langbogenschütze mit Wollfilzhut und Feder. Nach der Apokalypse kann man aus dem Hut genügend Lebensformen extrahieren um die Erde neu zu besiedeln. Also total praktisch so ein Wollfilzhut. Muss unbdingt auf meine Wishlist.

Nach dem Einschiessen dann die Begrüßung und die Einweisung für alle Teilnehmer. Alle werden in 4er Gruppen eingeteilt und sammeln sich an einer Nummerntafel hinter der Schießlinie. Immer ein paar Gruppen bekommen einen „Guide“ zugeteilt, der den Weg zu den Scheiben kennt. Meine Gruppe besteht aus drei erfahrenen Feldbogenschützen und meinereiner. Wir begrüßen uns kurz und dann geht’s los.

Nach ein paar Minuten Fußmarsch kommen wir an der ersten Scheibe an. Eine unbekannte Entfernung mit 20er Auflagen. „Bunnys“ nennen das die alten Hasen aus meiner Gruppe. Scho wieder was glernt. Alle setzen sich erstmal auf die mitgebrachten Hocker und tauschen sich über die letzten Turniere aus. Ich schreibe mir „Hocker mitnehmen“ in meine lessons learned Liste und grübel schon mal über die Entfernung der Scheibe. Dann geht’s los. Entfernung schätzen, Visier einstellen und los geht’s. Uiuiui, ich bin nervös. Erster Schuss – gleich ein „M“, viel zu hoch. Visier korrigieren und gleich noch mal. Zwei 3er hinterher, Treffer auswerten und weiter geht’s zu nächsten Scheibe.

Bei den anderen aus meiner Gruppe sitzt jeder Handgriff. Ich fummel und hakel mit Bogen, Rucksack, Fernglas, Visiertabelle und muss mich ordentlich sputen. Flow war anders – denke ich mir und schon stehen wir an der nächsten Scheibe: Ein sog. Walk-Up Scheibe. Noch nie gehört. Man schiesst vom ersten Pflock auf eine unbekannte Entfernung, geht dann weiter zum nächsten Pflock, schiesst wieder einen Pfeil und dann geht’s zum dritten Pflock mit dem dritten Pfeil. Das ganze in drei Minuten. Ich schätze die erste Entfernung – Pfeil zu tief. Ups doch weiter weg wie gedacht. Schnell zum nächsten Pflock. Ich habe die Schritte vom ersten zum zweiten Pflock mitgezählt. Ganz schön schlau oder? Doch der kurze lichte Moment platzt wie eine Seifenblase, weil ich plötzlich nicht mehr sicher bin welche Entfernung ich am ersten Pflock geschossen habe. 😯 OK, also noch mal schätzen. Mein Schiessnachbar ist schon fertig und wartet geduldig. Er hat sich auch vertan und ärgert sich schon mal. Ich schiesse den zweiten Pfeil und bleibe am Zipper von meiner Jackentasche hängen und der Pfeil hängt grade noch am unteren Rand der Scheibe. Das darf doch nicht wahr sein! Weiter zum dritten Pflock. Die Schritte habe ich wieder mitgezählt und dieses Mal bin ich mir mit der Entfernung sicher – und treffe zum ersten Mal Gold. Gottseidank ich bin doch nicht total unfähig.

So langsam komme ich mit den anderen aus meiner Gruppe ins Gespräch und Sie geben mir zwischen den Scheiben Tipps und ich sauge sie dankbar auf wie ein Schwamm.
Die nächsten Scheiben stehen sehr steil bergab oder bergauf. Wieder Premiere. So krasse Hanglagen habe ich noch nie geschossen. Ich erinnere mich an den Spruch „Rauf und runter – halt drunter“ und korrigiere meine Visiereinstellungen so Pi mal Daumen. Der erste Schuss sieht gut aus, landet aber viel zu weit rechts. 😯 Hab ich schlecht gelöst? Stand ich komisch? Gleich noch mal, schööön schiessen, jaa genau so – wieder rechts. 😯 Ich vermute es liegt irgendwie an der Haltung – und halte links an. Der Pfeil landet noch weiter rechts und ich bin ratlos.
Kommentar vom Kampfrichter: Tja, Andreas – da kamen jetzt viele Dinge zusammen. Ja – aber was genau? Meine Gruppe hilft mir später und erklärt mir dass ich meinen Bogen vermutlich falsch ausgerichtet habe. Die Bäume rund um die Scheibe standen nämlich zwar alle einigermassen parallel – aber alle schief. Ich hab unbewusst meinen Bogen an den Bäumen ausgerichtet und somit total verkantet.  Zudem habe ich meine Hüfte nicht weit genug geknickt und stattdessen nur den Schultergürtel verdreht. Dadurch stimmt die ganze Kinematik nicht mehr und man trifft auch nicht. Jetzt fällt mir auch ein, dass ich das alles schon gelesen habe. Aber wie es sich richtig „anfühlen“ muss, muss ich noch lernen.

Ein paar Scheiben später klappte es dann immer besser und dank der entspannten Atmosphäre in der Gruppe fing es an richtig Spaß zu machen. Bergauf kam ich deutlich besser klar als bergab. Und das Ding mit der Hüfte kommt unbedingt auf meine Trainingsliste.
Die einigermaßen ebenen Scheiben treffe ich dann schon ganz gut aber staune bei fast jeder Station immer wieder wie das Gelände oder die Lichtverhältnisse die Schätzung und das Trefferbild beeinflussen. Da hilft nur üben, üben, üben.

Gegen Ende des Turniers habe ich eine stattliche Fehlerliste angesammelt: Entfernung falsch geschätzt, falsche Visiereinstellung abgelesen, falsche Entfernung am Pflock abgelesen, auf die falsche Auflage geschossen und für wissendes Schmunzeln sorgte ein sauber mittig in den oberen Balken gesetzter Pfeil auf 35m. Ich hatte mich in der Auflagengröße vertan und dachte die Scheibe wäre viel weiter weg. Der Spruch: Nur aus Fehlern lernt man – war mein Motto des Turniers. 😉 

Nach mehr als vier Stunden waren wir durch und kamen wieder am Bogenplatz an. Ich war platt und froh es probiert zu haben – und alle Pfeile waren noch da. Keiner ging verschütt.
Als kleine Überraschung durfte ich sogar noch mit auf’s Podest – in meiner Altersklasse gab es nur drei Starter.  🙂 So gab’s gleich Bronze beim ersten Turnier. Eine bessere Motivation für den nächsten Wettkampf kann man sich doch nicht wünschen – oder?